Eine Tante Ju voller Funkamateure

von Andreas, DL3ZAJ
Ich hatte die Möglichkeit, an einem Rundflug der Lufthansa JU 52 mit der Traditionskennung D-AQUI (derzeitige Zulassung unter D-CDLH) im April 1994 teilzunehmen. Organisiert wurde alles von einem Funkamateur, der Kontakt zur Lufthansa Berlin Stiftung hatte. Nach kurzer „Flüsterreklame“ über ein 2-Meter Relais war die maximale Passagierzahl mit Funkamateuren nebst Angehörigen ausgebucht. Start war der Rhein-Main Flughafen bei Frankfurt. Nach der normalen Passagierkontrolle wurden wir mit dem Bus zu dem doch sehr abgelegenen Standort der D-AQUI gefahren. Hier erwartete uns die Tante-JU Besatzung. Und welche Überraschung, der Pilot war auch Funkamateur – DL7KK, Karl Protze (sk 26.10.2021).
Kurzes Briefing durch den Piloten und Platz einnehmen, jeder Passagier hatte einen Einzelsitz und ein eigenes Fenster. Nach einer ewig dauernden Rollzeit zum Startpunkt war die Startstrecke nach ein paar hundert Metern schon vorüber und unsere Tante JU bog scharf nach rechts ab. Wir erlebten einen Abflug, den bisher keiner von uns so auf Rhein-Main wohl mitgemacht hatte. In niedriger Höhe über die auf dem Vorfeld stehenden Maschinen – nichts wie weg aus dem Start- und Landebetrieb der Jets auf den zwei Runways. Die Kontroller auf dem Tower mussten, meines Wissens, einen größeren Abstand zu einem vor uns gestarteten Jet einhalten, damit wir nicht durch dessen Wirbelschleppen beeinträchtigt wurden.


Der Rundflug ging über den Taunus, der Wetterau und Frankfurt in niedriger Höhe. Trotz diesigen Wetters war die Bodensicht deshalb recht gut. Zwischendurch wurde immer mal ein Passagier aufgefordert, mit vor in das Cockpit zu kommen. Ich bestaunte hauptsächlich den riesigen „Steuerknüppel“ der den Piloten bis in Schulterhöhe ragte.
Das Fliegen erforderte damals noch Kraft, so ohne jede Hydraulik und Elektronik. Ein ganzer Uhrenladen (analoge Instrumente) war in Betrieb, nur unterstützt durch ein paar vorgeschriebene, notwendige moderne Instrumente. Und natürlich war auch der Funk auf vorgeschriebenen Stand, mit dem Originalgerät wäre wohl keine Verbindung in das jetzige Funksystem zu bekommen.


Kurios war auch die mechanische Tankanzeige. Auf den Tragflächenmotoren ragte ein kleiner Aufbau heraus. An diesem war ein analoger Anzeiger so befestigt, das der Pilot durch das Seitenfenster den Füllstand ablesen konnte. Im Dunkeln gab es dazu im Cockpit eine vorgeschriebene Taschenlampe…
Der Landeanflug auf Rhein-Main war auch wieder Spezial. Nicht den üblichen geraden Anflug aus Osten folgend, sondern von Norden kommend direkt an der Flugplatzgrenze entlang, rechts abgebogen, kurz hinter dem Zaun aufgesetzt und gleich wieder auf eine Taxiway verkrümelt.
Wieder am Standplatz angekommen hatten wir noch genügend Zeit die Besatzung mit Fragen zu löchern, die sie auch bereitwillig beantworteten.


Der Flug mit der Tante JU war ein Erlebnis für mich, das sich zur Zeit leider nicht wiederholen lässt, da meines Wissens alle flugfähigen JU52 aus verschiedenen Gründen „gegroundet“ (nicht zugelassen) sind. Schade